Auf deiner Wandertour in dieser Gegend wirst du die verschiedenen Nutzungsformen anhand der Baumzusammensetzung in diesen Wäldern entdecken. Was hier viele als Wildnis wahrnehmen ist je nach Waldtyp aber eine vom Menschen beeinflusste Kulturlandschaft. Die steilen Bergwälder sind wichtig, um die darunter liegenden Dörfer und bewirtschafteten Gebiete vor Lawinen und Erosion zu schützen. Durch das trockene und milde Klima der Vispertäler, steigt die Waldgrenze an einzelnen Orten bis 2300 Meter über Meer. Somit gehören diese Wälder hier zu den höchstgelegen des ganzen Alpenraumes. Durch die Klimaveränderungen wird diese in Zukunft noch weiter ansteigen.
Je nach Exposition wachsen in diesen Wäldern auch verschiedene Kleinsträucher wie Alpenrose, Heidelbeeren und der Zwergwachholder die auf kalkarmen Böden wachsen. Die Laubstreu der herabfallenden Nadeln von Arve und Lärche begünstigen kalkfliehende Sträucher, Blütenpflanzen und Gräser, da die Humusschicht eher sauer ist. Eines der schönsten Gräser, die Schneehainsimse wächst an gewissen Stellen flächendeckend. Häufig findet man auch die unverkennbare gelbbärtige Wolfsflechte auf den Arven und Lärchen. Von den tausend heimischen Flechtenarten ist diese die einzige Flechtenart die giftig ist. Wie der Name sagt, wurde die Wolfsflechte als Köder gegen Raubtiere wie den Wolf eingesetzt.
Wenn man oberhalb von Gspon die attraktiven Rundwanderwege bis zur Walgrenze erkundet, stehen uralte und formenreiche Wetterbäume in besonderer Gestalt in der Landschaft. Begleitet werden diese auch von Bergföhre, Fichten, vereinzelte Waldföhren und Laubgehölze wie Vogel- und Mehlbeere.
In unserer Region sind die Wiesen und Weiden sehr artenreich mit aromatischen Kräutern, Blumen und Gräsern durchsetzt. Dementsprechend ist auch eine grosse Artenvielfalt von Insekten wie Schmetterlinge, Bienen, Heuschrecken usw. vorhanden. Da hier alle Wiesen mehr oder weniger bewässert werden, ist die Artenzusammensetzung der Pflanzen und Tiere auch unterschiedlich. Auf verschiedenen Parzellen wurde hier früher auf Ackerflächen viel Getreide angebaut (Roggen, Gerste u.a.).
“Hör auf zu rennen! Wie willst du denn die unzähligen Schönheiten der Natur wahrnehmen, wenn du nur durchs Leben hastest? Bleib doch einfach einmal stehen und lausche den Vögeln, rieche an einer Blume und gehe dann mit gestärkter Seele weiter.” (Kazumi Shizukasato)
Wenn du durch die alten Häuser und Stadel gehst, siehst du Getreidespeicher mit Steinplatten unter den Stützbalken, welche die Mäuse nicht überwinden können und so die Ernte vor ihnen auf einfache aber effiziente Art geschützt ist.
Alte Werkzeuge hängen zur Ansicht noch an einigen Stallwänden.
Anstelle der Sprinkleranlagen wurde in Gspon vor kurzem noch auf traditionelle Art bewässert. Du siehst hier im Gelände noch die kleinen Wassergräben mit den Steinplatten, um das Wasser umzulenken und über die Wiesen zu verteilen. Das Handwerk des «Wässerns» wird heute nur noch von wenigen Personen gepflegt. Ein Grund ist auch, dass man dies meist nur nachts tun kann, da die Suonen am Abend nach der Tagesschmelze der Gletscher genügend Wasser führen. Dies ist ein grosser Aufwand in der Nebenerwerbslandwirtschaft. Daher werden vermehrt Sprinkleranlagen eingesetzt und die Wiesen nur noch einmal gemäht sowie beweidet.
Empfehlenswert ist der Suonenweg oberhalb von Gspon, der gut mit anderen Wanderwegen kombinierbar ist.

Dazu kommt: Pflanzen stehen nicht nur im Wettbewerb – sie arbeiten auch zusammen. Viele leben in Symbiose, z. B. Bäume, die mit Pilzen im Boden Nährstoffe austauschen. Gleichzeitig müssen sie sich aber auch gegen andere durchsetzen, um zu überleben. Deshalb wachsen Pflanzen oft nicht da, wo sie es am bequemsten hätten – sondern da, wo sie sich am besten behaupten können.
Ein spannendes Beispiel findest du direkt hier am Wegrand:
Wenn du weitergehst, achte mal bewusst auf solche Unterschiede. Du wirst sehen: Die Natur ist voller kleiner Geheimnisse – man muss sie nur entdecken.

Geröllfelder findest du häufig in steilen Lagen. Sie bestehen aus kleineren, locker liegenden Steinen, die ständig in Bewegung sind. Das Gestein ist meist rutschig und instabil, weil es fortlaufend von Lawinen, Regenfällen und starken Temperaturschwankungen beeinflusst wird. Diese Kräfte lösen laufend Material aus den Hängen und sorgen dafür, dass sich diese Flächen immer wieder verändern. In gewisser Weise sind Geröllfelder also nie ganz fertig – sie sind ständig im Wandel.
Ganz anders wirken Steinblockhalden wie die, die du hier siehst. Sie entstanden durch massive Bergstürze, bei denen riesige Felsmassen ins Tal stürzten und die Landschaft mit grossen Blöcken überdeckten. Im Gegensatz zum losen Geröll setzen sich diese grossen Steinblöcke über die Zeit fest. Sie liegen oft stabil im Gelände und bewegen sich kaum noch. Manche dieser Halden sind viele Jahrhunderte alt – ihre Entstehung reicht weit zurück.
Trotz ihrer rauen Oberfläche haben diese Blockhalden einen erstaunlich hohen ökologischen Wert. Zwischen den riesigen Steinen entstehen Hohlräume, die Schatten spenden oder an sonnigen Stellen zu wärmenden Mikroklimata werden. So entstehen Nischen für sehr spezialisierte Pflanzen und Tiere, die mit den extremen Bedingungen gut zurechtkommen. Moose und Flechten siedeln sich nach und nach auf den Felsen an – je älter eine Halde ist, desto dichter ist der Bewuchs. Auch unter der Oberfläche passiert einiges: In tieferen Schichten kann sich Wasser sammeln, das zur Verbesserung des Wasserhaushalts in der Umgebung beiträgt – manchmal sogar so sehr, dass es für Quellfassungen genutzt werden kann.
Solche Lebensräume ziehen seltene Arten an. Reptilien wie Eidechsen und Schlangen fühlen sich hier wohl, ebenso viele Insekten, Spinnen und Kleinsäuger. Auch Vögel wie die Alpenbraunelle nutzen diese ungewöhnlichen Lebensräume. Es sind Orte für Spezialisten – Lebensgemeinschaften, die sich perfekt an Kälte, Hitze, Feuchtigkeit und Trockenheit angepasst haben.
Doch Steinblockhalden sind nicht nur aus ökologischer Sicht spannend. Sie sind auch Teil unseres kulturellen Erbes. Jede einzelne erzählt von einem gewaltigen Ereignis in der Erdgeschichte. Wer genau hinschaut, erkennt: Diese Felsbrocken sind stille Zeugen uralter Naturkatastrophen. Sie lassen erahnen, mit welcher Kraft sich Berge bewegen können – und wie sich aus diesen dramatischen Momenten neue Lebensräume entwickeln.
Beim nächsten Haldenfeld lohnt es sich also, kurz innezuhalten. Nicht nur wegen der Aussicht, sondern um zu verstehen, wie lebendig und bedeutungsvoll selbst die scheinbar kargsten Orte der Alpen sein können.

Anreise
In nur 20 Minuten erreicht man unser Bergdorf von Visp aus. Wer das Vispertal rund um Staldenried - Gspon erleben will, nutzt am besten die Luftseilbahn Stalden-Staldenried-Gspon in luftiger Höhe. Im halbstunden Takt gelangst du nach Gspon.